Christine
Christine verkörpert das Herz unserer Familie und unseres gemeinsamen Erfolgs.
Durch ihr Einfühlungsvermögen, Ihre Kompetenz und ihre Liebe konnten wir uns sowohl als Familie als auch im Beruf so gut entwickeln.
Nachruf für eine wunderbare Frau
Von ihrem Mann Max
Christines Weg ins Leben
Christine wurde 1954 als drittes von neun Kindern einer Bauernfamilie in Zwettl an der Rodl geboren. Entsprechend der damaligen Umstände konnte sie nur die „Pflichtschule“ besuchen. Nach der Schule sollte sie als Haushaltshilfe arbeiten. So wie viele Mädchen in ihrem Alter, die bis zur Heirat Hilfsarbeiten machten. Christine hatte aber größere Pläne für sich. Sie wollte einen Beruf erlernen und sich später vielleicht auch selbständig machen, so suchte sie sich selbst eine kaufmännische Lehrstelle in Bad Leonfelden.
Nach Abschluss der Lehre zog sie als Büroangestellte nach Linz und begann auch das Realgymnasium für Berufstätige, weil sie gerne die Matura nachgeholt hätte. Das war ihr aber nicht so wichtig wie eine eigene Familie, deshalb hat sie mit der Abendmittelschule aufgehört als sie schwanger war.
Eine ganz besondere Frau
Ich habe Christine 1975 als äußerst liebenswerte, lebendige, lebenslustige und feinfühlige junge Frau kennengelernt. Sie überwand ihre Ängste vor dem Motorradfahren und begleitete mich bei meinen Ausflügen zum Yoga und zu vielen der damals neuen psychologischen Selbsterfahrungsveranstaltungen.
Sie war eine außergewöhnliche Frau mit einem ganz besonderen sechsten Sinn. Beispielsweise hatten wir bei unserem ersten Urlaub in Korsika an einem langen Sandstrand unseren Motorradschlüssel verloren. Ohne viel Hoffnung gingen wir zurück zu unserem vermuteten Liegeplatz.
Da griff Christine plötzlich in den Sand und hatte den Schlüssel in der Hand.
Christine hatte auch ein musikalische Ader und eine Liebe zu Musik. Ich kann mich noch erinnern, dass sie ganz begeistert vom Musical Evita war. Da unser Nachbar beim Musical mitgespielt hat, war sie sowohl bei der Vorpremiere als auch bei der Premiere und später in so mancher Vorstellung dabei.
Später lernte sie Gitarre und musizierte mit den Kindern. Ihre Liebe zur Musik lebt jetzt in unseren Töchtern weiter.
Schon in jungen Jahren war sie recht abenteuerlich. 1976 flog sie alleine mit einer Freundin für drei Wochen nach Israel. Dort bereisten sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln das Land und übernachteten in Jugendherbergen. Zwei junge Frauen alleine auf so einer Reise war damals ziemlich ungewöhnlich.
Was Christine besonders wichtig war
Die folgenden Sätze zitieren ihre eigenen Aussagen in ihrem Buch:
Max war wohl meine größte Herausforderung,
vor allem weil er viele Entwicklungen angestoßen hat. Zum Beispiel meine berufliche Entwicklung zur Psychotherapeutin.
Oder das Motorradfahren oder der Segelschein, weil mir so etwas von meiner Natur her nicht einmal im Traum eingefallen wäre.
Das Wichtigste in meinem Leben waren die Kinder.
Ich freue mich sehr über jede einzelne meiner Töchter, weil sie so super gelungen sind, ihren Weg so geschickt und erfolgreich gehen und ein gutes Händchen bei der Partnerwahl hatten. Auch jedes Enkelkind betrachte ich als wunderbares Geschenk für mein Leben. Ich freue mich darüber, wie sich alle gut entwickeln.
Ich bin schon sehr neugierig, was das Leben für sie bereithält und welchen Weg sie einschlagen werden. Ich wünsche ihnen allen viel Glück und Segen, und dass ihre Herausforderungen gerade so hoch sind dass sie daran wachsen und ihnen das Leben Freude macht.
Hinwendung zur Psychologie
Wir studierten gemeinsam an der Universität Salzburg Psychologie. Sie hat mich damals enorm unterstützt, weil ich dieses Studium ja nebenberuflich absolviert habe. Auch sie hätte leicht das Doktorat machen können, wenn sie die Matura gehabt hätte. So konnte sie nur als Außerordentliche Hörerin studieren und keinen eigenen Abschluß als Psychologin anstreben. Das war für sie aber nie ein Problem und hatte keinen Einfluss auf ihre therapeutischen Tätigkeiten.
Sie hat das, wie so vieles, als gemeinsames Projekt gesehen.
Ausbildung zur Psychotherapeutin
Von 1985 – 1987 lernte Christine durch eine Reihe von Selbsterfahrungsseminaren die damals noch neue Methode der Transaktionsanalyse kennen und schätzen. Im Rahmen einer Übergangsregelung begann sie 1991 mit der Ausbildung zur Psychotherapeutin der Fachrichtung Transaktionsanalyse. Bis 1997 absolvierte sie insgesamt 33 Wochenend-Lehrveranstaltungen, 560 Stunden Praktikum, 10 Nachtdienste, 60 Stunden Praktikumssupervision, 225 Stunden Einzel-Lehranalyse und 36 Stunden in der Gruppe, 600 Stunden begleitete psychotherapeutische Tätigkeit und 157 Stunden begleitende Supervision.
Das Bild zum TA Abschluss zeigt eine Collage, die Christine von ihren damaligen Kolleg*innen bekommen hat. Sie war damals mit unserer gerade sehr schwierigen Beziehung, den Kindern, Haushalt und der Ausbildung sehr an ihre Grenzen gekommen. Diese Collage hat ihr immer sehr viel bedeutet. Sie war gerührt über das Geschenk und den Spruch darauf: „Gott behüte und segne dich. Ein Segen wirst du sein.“
Diese gründliche, herausfordernde Ausbildung gab ihrem Leben eine ganz neue Richtung. Sie war Grundlage für vieles, was dadurch später entstehen konnte.
Sie wurde tatsächlich für viele Menschen und Beziehungen ein Segen.
Weiterbildung Imago Paartherapie
In all den Jahren hatte sich unsere Beziehung verschlechtert. Wir hatten zwar bereits verschiedene Paarberatungen ausprobiert, aber ohne Erfolg.
Eine spürbare Verbesserung der Beziehung ergab sich erst im Sommer 1998 durch ein Imago Paarseminar mit Hedy und Yumi Schleiffer.
Wir waren begeistert und stiegen sofort in die erste österreichische Ausbildung zu Imago Paartherapeuten ein.
Nach dessen Abschluss waren wir beide hochmotiviert, das Gelernte umzusetzen. Es folgten viele Dialoge, um all die Konflikte aufzuarbeiten, sowie regelmäßige Peergroups zur Vertiefung der Methode. Christine war auch bei der Gründung der Imago Gesellschaft Österreich und jahrelang im Vorstand der IGÖ aktiv.
Paartherapeutin und Co-Seminarleiterin
Auch beruflich konzentrierte sich Christine immer mehr auf die Beziehungstherapie. Sie schenkte ihren Paaren ihre volle Aufmerksamkeit, ihr Einfühlungsvermögen und vor allem ihre Intuition. Meist spürte sie schneller als die Klienten, wo das Problem lag und konnte dadurch noch effektiver helfen. Vor allem aber schaffte sie es auf wunderbare Art und Weise, ein Paar wieder miteinander in Verbindung zu bringen.
Im Grunde war Christine diese Arbeit in die Wiege gelegt 🙂 Ihre erste „Therapiestunde“ gab sie mit 8 Jahren einem unglücklichen Onkel, der ihr sein Herz ausschüttete und ihr von lange zurückliegenden, schmerzhaften Erlebnissen erzählte. Damals wunderte sie sich noch darüber, dass so lange Zurückliegendes jetzt noch eine Rolle spielen könnte.
Ich wurde 2005 als Imago Workshop Presenter zertifiziert, und von Beginn an war Christine an meiner Seite. Es entwickelte sich eine äußerst fruchtbare Zusammenarbeit bei etwa 100 Seminar Wochenenden, in der wir uns gegenseitig mit unseren unterschiedenen Fähigkeiten optimal ergänzen konnten.
Während ich mich beispielsweise mehr auf die Präsentationen konzentrierte, liebte es Christine, die praktischen Demonstrationen anzuleiten.
Die begeisterten Rückmeldungen der Paare zeigten, wie gut wir zusammenspielten.
Segeltörns für die Liebe
Obwohl Christine eigentlich den festen Boden unter ihren Füßen bevorzugte, war sie von Anfang an bei den „Segeltörns mit Zusatznutzen“ als Co-Skipperin und Therapeutin dabei. Auch hier war sie meine wertvolle Partnerin und eine gute Seele für alle Beteiligten. Sie machte selbst ihre Segelscheine, so dass sie auch in kritischen Situationen das Ruder selbst in die Hand nehmen konnte.
Von 2008 bis 2022 waren wir insgesamt 30 Wochen und 4700 Seemeilen miteinander in der kroatischen Adria, in den Kykladen, den Ionischen Inseln, in der Türkei, in der dänischen Südsee, in Kuba und in der Karibik unterwegs. Eine wunderbare, aber oft herausfordernde Zeit für uns.
Das Leben genießen
Die letzten 20 Jahre waren eine sehr schöne Mischung aus interessanter Aufgabe, intensivem Miteinander und neugierigem Entdecken.
Wir hatten die wunderbare Gelegenheit, uns mit der Paartherapie gemeinsam in ein Berufsfeld hineinzubewegen, das uns faszinierte und auch unser Leben bereicherte. Dabei arbeitete jeder ganz individuell auf seine eigene Art und Weise, sodass es immer wieder spannend war, uns miteinander auszutauschen. Wir waren uns gegenseitig die besten Supervisoren und – ohne sie zu sehen – kannten wir manche Menschen sehr gut, mit denen der andere gerade arbeitete.
Das Leben zu genießen bedeutete gerade für Christine nicht, es sich bequem zu machen oder noch etwas großzügiger zu konsumieren. Christine genoss ihr Leben, indem sie dem was gerade war, ihre volle Zuwendung gab. Das konnte sie sowohl in unserem Miteinander als auch im Beruf ganz ausgezeichnet.
Auch deshalb war sie sehr gerne zuhause, möglichst im Kreise ihrer Lieben. In unserem Haus wurde praktisch jeder Geburtstag gefeiert, und die Geburtstags-„Kinder“ konnten sich ihre Lieblingsspeise wünschen. In unserem Garten lachten und spielten die Enkel und entwickelten ein sehr gutes Verhältnis zueinander.
Unabhängig davon war es für sie ein Vergnügen, gemeinsam auf Reisen zu sein. Meist waren es Entdeckerurlaube, das Gegenteil von Pauschalreisen.
Dabei bestand sie darauf, nicht nur auf dem Wasser unterwegs zu sein, sondern Städte, Inseln und Gegenden an Land zu erkunden.
Zum guten Leben gehörte auch dazu, dass man sich mit ihr gut auseinandersetzen konnte. Sie hatte bei manchen Themen eine andere Sichtweise wie ich, aber durch den Imago Dialog konnten wir immer gut in Verbindung bleiben. Bei all unseren Renovierungen und Anschaffungen haben wir beispielsweise erst entschieden, wenn wir uns 100 % einig waren. Deshalb sind wir mit all unseren Entscheidungen letztlich beide voll zufrieden gewesen. Selbst bei starken Gegensätzen ist sie nie grob oder abwertend geworden. Auch über andere hat sie nie ein wirklich böses Wort verloren. Sie war wirklich eine feine Frau.
Ausklang
Nach vielen bereichernden Jahren zog sich Christine im Frühjahr 2023, neun Jahre nach Erreichen ihrer offiziellen Alterspension, als Seminarleiterin, Paartherapeutin und Co Skipperin zurück. Sie hatte bemerkt, dass sie schnell überanstrengt und müde wurde.
Niemand wusste damals, dass sich hinter der Müdigkeit ein Gallengangskarzinom versteckte, also ein ganz bösartiger Leberkrebs, der trotz regelmäßiger Gesundenuntersuchungen erst im Juli 2023 viel zu spät erkannt wurde. Auch diese Herausforderung nahm sie an.
Trotz einer prognostizierten Lebenserwartung von nur 3 – 6 Monaten suchten wir nun gemeinsam alternative Wege, um den Krebs zu verlangsamen und mit viel Glück zu besiegen. Dieser gemeinsame Weg legte neue Qualitäten frei und brachte uns auf eine Weise näher, die selbst wir vorher nicht für möglich gehalten hätten.
Unsere Beziehung als Paar und auch als Familie hat weiter an Tiefe gewonnen.
Nach über einem Jahr des gemeinsamen Ringens stellte sich schließlich heraus, dass dieser Krebs in diesem fortgeschrittenem Stadium nicht zu besiegen war.
Aber selbst wenn Christine den Kampf letztlich nicht gewinnen konnte, war gerade diese Zeit unendlich wertvoll für uns alle.
Christine, wir lieben dich, wir vermissen dich.
Du warst ein Gottesgeschenk, ein Segen für unsere Familie.
Danke, dass du bei uns warst!
Nachruf bei der Verabschiedung
Alles, was du liebst, geht wahrscheinlich verloren,
aber am Ende wird die Liebe auf eine andere Art zurückkehren.
Franz Kafka (1883-1924)
Adresse
Zentrum Beziehungsarbeit
Lifehausstraße 24
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Telefon: +43 (0)7234 83220
© 2023 Dr. Maximilian Schallauer